Ausgehend von einem taz-Artikel vom Sommer(Wenn waschen nicht reicht), habe ich mir gedacht, dass eine Art Überblick zum Thema Pestizide fürs Ö1 Konsumentenmagazin mal ganz interessant wäre – die Redaktion fand das auch, also machte ich mich an die Recherche. Als ich dann mit verschiedenen Expert_innen gesprochen hatte, drehte sich das Ganze allerdings ein bisschen: Weg von dem Narrativ alle Pestizide sind immer gefährlich, das oft bedient wird und wie kann man die letzten Rückstände davon auf Obst und Gemüse loswerden (Spoiler: bei systemischen Pestiziden sehr schwierig), hin zu: warum braucht man sie in der gegenwärtigen Landwirtschaft überhaupt, und in welcher Hinsicht sollte man darüber diskutieren (Spoiler: weniger zu Lebensmittelsicherheit in der EU, mehr zu Umweltauswirkungen und weltweiter Ernährungssicherung). Außerdem überraschend: bio heißt nicht automatisch Pestizidfrei, es werden nur eben keine synthetischen Mittel eingesetzt.
Auch aus der Perspektive meines derzeitigen MA-Studiums in STS fand ich das sehr alles interessant, hat es doch sehr viel mit public understanding of science, wissenschaftlich-technischen Kontroversen und der technopolitischen Identität Österreichs zu tun. Ulrike Felt* hat zu letzterem viel geforscht, sie stellte fest, dass es hierzulande große Skepsis gegenüber neuen wissenschaftlich-technologischen Entwicklungen gibt (zum Beispiel Gentechnik), die aus dem so natürlichen Österreich „ferngehalten“ werden müssen. Der öffentliche Diskurs darüber verschleiert dann gut und gerne andere, vielleicht dringendere Risiken – im Falle der Pestiziddebatte sind das laut BOKU-Lebensmittelwissenschaftler Konrad Domig zum Beispiel pathogene Mikroorganismen oder Schimmelgifte auf Lebensmitteln, die um ein vielfaches problematischer seien als die meisten Pestizidrückstände. Und wie BOKU-Pflanzenschutz-Professorin Siegrid Steinkellner meinte, leben wir in Österreich halt auch in der Luxussituation, Lebensmittel verschmähen zu können, weil wir einfach kein Problem mit Hunger haben.
Der Beitrag ist hier noch bis kommenden Samstag nachzuhören, der entsprechende Online-Artikel ist hier zeitlich unbegrenzt nachzulesen.
Pestizide: Kein Pflanzenschutz ist auch keine Lösung
Viele Konsumentinnen und Konsumenten beschleicht beim Thema Pestizide ein mulmiges Gefühl. Denn ob und welche Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kamen, lässt sich im Supermarkt kaum nachvollziehen. Auch „bio“ heißt nicht automatisch, dass ein Produkt nie mit Pestiziden in Kontakt gekommen ist. Fachleute meinen allerdings auch, dass die Debatte um Pestizide verzerrt geführt werde: Auch der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel birgt Risiken. Was man zum Thema wissen sollte, wann und wie man Rückstände entfernen kann: ein Überblick.
Österreich 1, help: 23.10.2021, 11.40h
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