Vergangenes Wochenende fand in Köln im Funkhaus des DLF meine allerliebste Lieblings-Podcasting-Konferenz, die Subscribe statt. Ich war schon 2016 und 2017 in München dabei und auch beim spinnoff Unsubscribe 2016 in Wien.
Dieses Jahr hatte ich sogar einen Workshop eingereicht, „Sketchnotes für Podcaster_innen“. Leider musste ich diesen absagen, weil ich sehr kurzfristig doch nicht nach Köln kommen konnte. Lange habe ich mich nicht mehr so ärgern müssen, aber immerhin konnte ich Teile der Konferenz im Livestream und auf Twitter verfolgen.
Die Talks, die mich am meisten interessiert haben, habe ich auch in Sketchnotes festgehalten, aber seht selbst (in chronologischer Reihenfolge):
Die Keynote
Tim Pritlove eröffnete die Subscribe10 mit einem Rückblick auf das Entstehen der Blogosphäre und wie sich daraus die Podcastszene entwickelt hat. Seine These: während sich in den Blogs schnell Kommentarkriege etablierten, waren Podcasts schon immer so persönlich, dass Missverständnisse weitestgehend ausbleiben. Irgendwann sprangen Radiosender mit der Zweitverwertung ihrer Produktionen auf den Podcast-Zug auf, heute sind Podcasts das nächste große Ding. Plattformen wie Spotify und Audible versuchen sich deshalb möglichst viel Profit am Trend zu sichern und machen mit der Einkästelung/Paywall-isierung das freie Podcasting kaputt. „Previously on Podcasts“ gibts bei media.ccc.de als Video.
Sehr philosophisch: Sprechendes Denken
Moritz Klenk hat ein Jahr lang täglich gepodcastet und überlegt, ob derartiges sprechendes Denken nicht ein eigenes Mittel der Erkenntnis sein kann. Er bezieht sich auf berühmte „Podcaster_innen“ wie Sokrates und Hannah Arendt und plädiert dafür, das Ringen um Erkenntnis nicht nur in Papers oder Lehrbüchern darzustellen. Sehr viel Philosophie und Erkenntnistheorie, nix zum Nebenbei hören: „Sprechendes Denken“ bei media.ccc.de.
Mehr Diversität in die Podcast-Szene
Susanne Klingner und Kathrin Rönicke von hauseins (bzw. dem Lila-Podcast) haben gleich fünf Gästinnen in ihr Panel geholt. In Anspielung an Fest&Flauschig hieß das „Zwei Männer unterhalten sich“ und problematisierte die mangelnde Diversität der Podcast-Charts (und -Szene). Dabei waren Maxi Häcke und Alice Hasters von Feuer & Brot, Mithu Sanyal als „Quotenfan“ (statt Quoten-POC) sowie Vanessa Vu und Minh Thu Tran von rice and shine. Sehenswert!
Mehr Aufmerksamkeit für Minderheiten!
Minh Thu Tran und Vanessa Vu vom rice and shine-Podcast haben Podcaster_innen, die unterschiedlichen Minderheiten angehören, umgehört, wie sie sich selbst sehen. Daraus entstanden „10 Thesen zu Minderheitenpodcasts“ und eine Liste hörenswerter Minderheiten Podcasts. Dieser Talk war einer meiner liebsten auf der Subscribe10.
Auch für Audio ist Grafik wichtig
Podcasts hört eins eher nebenbei, aber aufmerksam. Social-Media nutzt eins dagegen nur sehr kurz, und damit ein Post in der Timeline mehr als eine Sekunde Aufmerksamkeit bekommt, muss der schon sehr catchy sein. Das ist ein Problem für die Sichtbarkeit von Podcast-Inhalten in sozialen Netzwerken. Sven Sedivy hat deshalb mit einigen Überarbeitungen eine Best Practice für optimalen „shareable“ Podcast-Content erarbeitet. Sehr interessant (und aufwendig)! „Visuelle Identität – Wie Podcasts sich zeigen können“ ist ebenfalls ein sehr empfehlenswerter Talk.
SpOn im Podcast-Business
Gleich drei Verlagshäuser stellten ihre Podcastproduktionen vor, Yasemin Yüksel und Sandra Sperber begannen für SpOn. „Warum Audio? Wie Spiegel Online eine Stimme bekam“ auf media.ccc.de.
Einfach ausprobieren bei ZEIT ONLINE
ZEIT ONLINE produziert fast alle seiner Podcasts in Kooperation mit Maria Lorenz von Pool Artists, die auch hinter Gästeliste Geisterbahn steckt. Vor dem Talk habe ich keines der acht Formate gehört, danach hörte ich in „Frisch an die Arbeit“ hinein. Das Gespräch mit Maurice Ernst von Bilderbuch fand ich sehr sympathisch, der Podcast landete also in meinem Podcatcher. „Podcasts bei ZEIT ONLINE“ auf media.ccc.de.
Podcasts und Audioprojekte für die Kulturvermittlung
Friedemann Brenneis stellte einige seiner Audioprojekte zur Kulturvermittlung vor. Besonders spannend fand ich „1000 Orte“, ein historisch-fiktionaler Audioguide für Leipzig. Diese Produktion scheint das genaue Gegenteil des Lieblings-Plätzchen zu sein; denn die Hörer_innen müssen durch die Gegend laufen. Ohne Standortdaten kann eins die Folgen leider auch nicht anhören, ich muss also warten, bis ich mal in Leipzig vorbeikomme. Außerdem erfuhr ich von der Existenz von Hörspiel-Festivals, wenn so eins mal in meiner Nähe stattfindet, muss ich unbedingt hin! Der Titel des Talks gewinnt wohl den Wettbewerb um die Zeichenanzahl – „Zwischen Klangkunst und Laberpodcast ist noch viel Raum. Neue kreative Wege der Kulturvermittlung mit Internet und Audio“ gibts auch als Videoaufzeichnung.
Steile Thesen gegen klassisches Radio
Titel und Inhalt dieses Talks gingen irgendwie ziemlich auseinander, eine Anleitung kam nämlich nicht recht vor. Dafür sehr viele steile Thesen, zum Beispiel dass Radio für Programmdirektoren und Podcasts für Hörer_innen produziert würden. Und dass die Strukturen der Medienhäuser (egal ob Print oder Audio) zu sehr in einer alten Logik verhaften sind, um noch länger erfolgreich zu sein. Und Indie-Podaster sollten ja nicht in die Falle tappen, die Organisation ihres Projekts unnötig aufzublasen. „Anleitung für einen Kopf-frei-Podcast“ gibts auch bei media.ccc.de.
Eine wochentägliche Radiosendung im Podcast
HR2 habe ich glaube ich noch niemals über UKW oder auch nur linear gehört, „Der Tag“ höre ich allerdings sehr gerne als Podcast. Eine Lieblingsfolge war zum Beispiel ein angenehm unaufgeregter Beitrag zur Feinstaubdebatte („Grenzwertig- Wie Wissenschaft Politik macht„). Wie die Sendung so wurde, wie sie heute ist, erzählte Florian Schwinn – mit einigen Seitenhieben gegen andere Medien mit Bullshit-Anteil. „Der Tag – Ein Gespräch mit Florian Schwinn“ auf media.ccc.de.
Podcasten über Wein
Alex Stranig und Verena Keller, beide Journalist_innen, stellten am Sonntag ihren Podcast vor. Auf der Bühne verkosteten sie einen Naturwein und versuchten zu demonstrieren, wie man Geschmack für die Ohren beschreibt. Sie wollen explizit einen Unterhaltungspodcast machen, aber genau das störte mich an ihrer ersten Folge, die ich mir nicht zu Ende anhören konnte, als sie herausgekommen ist. Zukünftig soll der Fokus auf weiteren Produktvorstellungen wie burgenländischem Ingwer liegen, vielleicht höre ich nochmal hinein! „Über Geschmack lässt sich sprechen. Kulinarische Podcasts als Appetitanreger“ gibts auch auf media.ccc.de.
Konzernstrukturen vertragen sich nicht recht mit Podcastambitionen
Diesen Talk schaute ich insgeheim ein bisschen im Berieselungsmodus, ich habe nämlich überhaupt gar nix mit großen Konzernen zu tun und brauche dementsprechend auch keine Tipps, wie man dort am besten einen Podcast implementiert. Wenn das bei euch anders ist, schaut euch doch „Die Stimme in Konzerne hacken“ in der Videoaufzeichnung an!
Die Subscribe10 hat mir (aus der Ferne) wirklich gut gefallen, ich freue mich schon auf die nächste Ausgabe – vielleicht ja mal in Wien? Bis dahin werde ich vielleicht noch ein paar weitere Vortrags-Aufzeichnungen schauen, oder Nachberichte lesen/hören.